Indonesien 1994
AUSZUG VON UNSEREM TAGEBUCH
Ostersonntag, 03.04.1994:
Der Transfer vom Hotel zum Flughafen hat geklappt, wir sind unterwegs mit einer Fokker F 48 der Merpati Airlines mit 80 Plätzen von Denpasar nach Ujung Pandang auf
Sulawesi, früher Celebes. Dort werden Wir überraschenderweise von einem Angestellten der Limbunan Tours erwartet und in eine andere Maschine, eine DC 9 verfrachtet. Auf
Biak landen wir noch einmal zwischen und erreichen um 14.00 Uhr Jayapura auf Neuguinea. Die Verpflegung an Bord war irgendwie eigenartig, zum Frühstück gab es kalten
Fisch und Käsecroissants, das Mittagessen war ebenfalls kalt, bestand aber aus Hühnerfleisch mit Reis und höllisch scharfer Cilli Sauce. Aber auf diesen Inlandflügen sind
größtenteils nur Einheimische. Außer uns war nur ein Touristenpärchen an Bord. Jetzt, um 15,30 Uhr sitzen wir im Hotel Matoa in Jayapura und haben einige aufregende Stunden
hinter uns. Als wir überpünktlich um 14,00 am Sentani-Airport landeten, war weit und breit kein Angestellter der Vertragsagentur Limbunan Tours Zu sehen. Wir arrangierten dann
den Transfer per Taxi - immerhin 32 km bis hier in die Stadt selbst mit einem Guide einer anderen, uns gänzlich unbekannten Agentur. Im Hotel erwartete uns dann unser
"Reiseleiter". Ein wenig schade ist, dass er praktisch nicht Englisch und wir nicht indonesisch sprechen. Aus der Patsche hat uns wieder Herman, der andere Guide geholfen. Er ist
uns behilflich bei der Beschaffung der Visa, bei der Rückbestätigung der Flüge und bei der Organisation der Reise nach Wamena, wo es aber auch leichte Probleme zu geben
scheint, da die Rückflüge (Anschlussflüge) nicht koordiniert sind und wir daher einen Tag früher als geplant von Wamena zurück nach Jayapura fliegen. Jetzt, um 18,00 Uhr ist
gerade Herman mit unseren Permits gekommen. Unsere Reisepässe. die wir ihm voller Vertrauen mitgegeben haben, hat er auch wieder brav abgeliefert. Nicht auszudenken, was
passiert wäre. wenn wir ihn nicht mehr gesehen hätten. Aber so sind wir eigentlich wieder guter Dinge und hoffen auf interessante Tage. Jetzt, nach dem hervorragenden
Abendessen im Hotel (chinesisch) gibt es noch eine nette Episode zu erzählen. Die Crew des Flugzeuges (DC 9). die ebenfalls hier wohnt, hat auch zur selben Zeit wie wir zu
Abend gegessen. Danach sangen sie zu indonesischen Schlagern Karaoke in der Hotellobby. Wir horchten uns einige Schlager an. Sie klingen ein wenig anders, aber durchaus
angenehm. So kam also, dass uns ein Copilot ein Lied vorsang, begleitet von der Stewardess. Seine Aufforderung, mitzusingen lehnten wir dankend ab. Nachher spazierten wir
die Straße vor dem Hotel entlang. Dort herrschte noch reges Treiben. Aber ganz geheuer sind uns die Leute hier noch nicht, sie unterscheiden sich doch ziemlich von den
superfreundlichen Balinesen. Jayapura hat 250.000 Einwohner und ist - zumindest hier in diesem Teil - eine schmutzige Stadt. Mal sehen, wie sie am Mittwoch bei der Sightseeing
Tour aussieht.
Ostermontag, 04.04.1993:
Das Hotel Matoa verfügt über ein bemerkenswertes Service. Man tippt die Weckzeit in das Telefon. in unserem Fall 04,30 und wird dann automatisch geweckt. So weit, so gut.
Um 03,30 Uhr reißt uns das penetrante Klingeln des Telefons aus dem Schlaf. Ich hebe - etwas verärgert – ab, der freundliche Herr am anderen Ende der Leitung teilt uns mit
"Wake-Up time". Ich knalle den Hörer auf die Gabel, drehe mich um und ärgere mich über die entgangene Stunde Schlaf. Um 04,00 Uhr klopft es dann an der Tür. Ich schreie
„Yes” und ärgere mich wieder. Um 04,10 wird wieder an der Tür geklopft. Jetzt reicht es mir, ich gehe zur Tür - vor mir steht Herman, unser Aushilfsguide. Ich will gerade
anfangen zu schimpfen, er ist ganz verstört, fragt mich, wo wir denn sind, der Fahrer und Mr. Harry, unser „Reiseleiter”. der nicht Englisch kann, warten schon ungeduldig. Wir
machen einen Uhrenvergleich und haben die Lösung des Rätsels. Hier in Neuguinea ist Tokyo-Zeit, das heißt die Uhr muss eine Stunde vorgestellt werden. Dabei habe ich
während der Landung gestern noch meinen (indonesischen) Sitznachbarn gefragt, ob hier die gleiche Zeit ist, was er mit Ja beantwortete. Er allerdings ist nicht in Bali, sondern
erst in Biak zugestiegen und dort ist auch die gleiche Zeit wie hier. Na ja. jetzt heißt es aber Beeilung. Fünf Minuten für Körperpflege, ankleiden. fünf Minuten für das
ausgezeichnete, üppige Frühstück, um 05,25 Uhr, jetzt aber richtige Zeit) geht es dann in rasender Fahrt zum Flughafen, wir benötigen für die 35 km gerade 30 Minuten, beim
Transfer gestern in die Stadt war es noch eine Stunde. So sind wir gegen 06,00 Uhr am Flughafen. Die ganze Hetze war ziemlich umsonst, das Propellerflugzeug nach Wamena hat
reichlich Verspätung, wir verlassen Jayapura um 08,00 Uhr. Nun sehen wir Irian Jaya zum ersten Mal von oben und werden uns der Größe dieses Landes bewusst. Allein lrian Jaya
ist ungefähr so groß wie Frankreich! Der Großteil des Landes ist bedeckt mit undurchdringlichem Regenwald. Wieder - besonders bei Turbulenzen, die das leichte Flugzeug
durchschütteln - beschleicht uns dieses sonderbare Gefühl, was ist, wenn wir hier abstürzen, hier findet uns keiner, wenn wir überleben sollten. Aber die Geister sind uns
wohlgesinnt und so erreichen wir Wamena um 08,45 Uhr. Sengende Hitze, wir klettern aus dem Flugzeug. Das “Flughafengebäude” wird umringt von Schwarzen, Wir sehen
nackte, halbnackte und angezogene Menschen, die uns laut schwatzend und staunend begutachten. Sie sehen furchterregend aus. In der Halle erwartet uns Olfied, unser Guide von
Limbunan Tours. Als wir uns dann einen Weg durch die gaffende Menge bahnen, sind wir leicht schockiert über das Aussehen, aber die Leute berühren uns, lachen und wollen uns
die Hände schütteln. Nayak, Laok, WahWahWah - komische laute kommen uns zu Ohren. Zigaretten sind gefragt und sehr schnell ist lngrid eine Packung Cartier los. Rot und
schwarz bemalte Gesichter, Knochen in der Nase, Penisköcher. Hängebrüste bis zum Nabel, stillende Frauen. aufgeregt schnatternde Kinder, welche Eindrücke stürzen auf uns
herein. Olfied, er kommt aus Manado auf Sulawesi, schnappt sich unsere Tasche und per Toyota-Allrad verschwinden wir vom Flughafengelände. Auch die Einheimischen
verziehen sich wieder - das Ereignis des Tages, die Ankunft des einzigen Flugzeuges am Tag. noch dazu mit 4 Touristen an Bord ist ja vorbei. Im Hotel Baliem Valley Palace,
welch vornehmer Name für dieses Haus, erklärt uns der Guide einiges über Land und Leute und gibt uns auch Verhaltensregeln gegenüber den Einheimischen. Wir besprechen bei
einem „Kaffee" das Programm der nächsten Tage. Die Zimmer sind einfach, das Blut an den Wänden (von den Insekten) stört uns nicht sonderlich. Sauberkeit ist nicht die größte
Tugend der Leute hier, stellen wir fest. Erst viel, viel später zuhause in Salzburg hat mir Ingrid erzählt, dass es im Kasten von Spinnen gewimmelt hat. Was man nicht weiß, …
Nach dem Zimmerbezug begeben wir uns zum Zentrum der Stadt Wamena, (15000 Einwohner, der Hauptort des Baliem Valleys) dem Markt. Haben wir vorher am Flugfeld
gedacht, die Situation wäre nicht mehr zu übertreffen, haben wir uns schwer getäuscht. Hier auf dem "Central-Market” sitzen die Leute zusammengepfercht u n t e r den Tischen,
auf den Tischen, bieten laut schreiend ihre Waren an oder singen, lärmen, schlafen. Musik plärrt aus den Lautsprechern, immer wieder an der Brust saugende Kinder, nicht nur
Säuglinge, die imposanten Holim (=Penisköcher) strecken sich oft einen Meter oder mehr empor. Uns fällt auf, dass die Menschen zwar düster und direkt böse aussehen. in
Wirklichkeit aber freundlich und gutmütig sind. Für eine Zigarette und manchmal auch für 100 Rupies posieren sie mit stolzgeschwellter Brust (Brüsten) vor der Kamera.
Besonders gerne schütteln sie Hände. Der Gruß von Frauen heißt Laok. die Männer begrüßen sich mit Nayak. Besonders nett gemeint ist, wenn ein langes „Waaah” ertönt. Das
bedeutet „Guter Freund, danke“. Mit beiden Händen umklammern sie die rechte Hand, bei jedem Wah wird die Hand weiter oben geschüttelt, bis man an der Schulter angelangt
ist. Auch Frauen, die sich aus Trauer, z.B. bei Verlust eines geliebten Menschen ein oder mehrere Glieder des Fingers abhacken lassen (mit Steinäxten), schütteln uns die Hände.
Diese Zeremonie ist allerdings ein wenig unangenehm, besonders wenn die Frau außer dem Daumen keine Finger mehr hat. Andere Länder, andere Sitten. Etliche Eindrücke und
Fotos reicher und Zigaretten ärmer verlassen wir den gastlichen Ort. Ingrid und ich sind uns einig, es war ein Schock. Wir haben schon viele, viele Märkte in Sudamerika, Afrika
und auch in Asien gesehen, dieser hat alle um Längen übertroffen. Wir besichtigen ein Museum, das uns einen groben Überblick über die Geschichte des Baliem Valley verschafft.
Durch die offenen Fenster hören wir Kinder und Erwachsene singen. Es ist eine christliche Schule. Die meisten Leute hier sind von Missionaren zum christlichen Glauben bekehrt
worden, erzählt uns Olfied. Ganz aufgeregt erklärt uns unser Guide, dass wir großes Glück hätten. Gestern ist ein Mensch gestorben und so haben wir die einmalige Gelegenheit,
bei der Bestattungszeremonie dabei zu sein. Er kann das Glück nicht fassen, wir finden das ziemlich makaber. Das Mittagessen (im Hotel) ist gut, gibt Flusskrabben und eine gute
Suppe, dazu jede Menge süße Kartoffel und frisches Gemüse. Als uns Olfied nachmittags wieder abholt, überqueren wir einen Fluss (Wamenafluss) über eine wackelige
Hängebrücke. Nichts Neues für uns, wir sind ja schon “'urwalderprobt". Neu allerdings ist für uns das Dorf, das wir zu sehen bekommen. Jedes Dorf hat ein Herrenhaus, ein
Küchenhaus, wo auch die kostbaren Schweine untergebracht sind und für jede Frau ein eigenes Haus. Je reicher der „Chief" ist, desto mehr Frauen, aber auch Schweine hat er. Für
fünf Schweine bekommt man eine Frau. Die Schweine bedeuten also Wohlstand, sie werden gehegt und gepflegt und wenn nötig von den Frauen auch gestillt. Verspeist werden sie
nur bei ganz, ganz besonderen Anlässen. Zurück ins Dorf: Ingrid muss hinein in ein Küchenhaus, wo die Speisen auf offenem Feuer zubereitet werden. Kamine oder etwas
Ähnliches gibt es nicht, es raucht daher ziemlich. Praktisch ist, dass die Schweine in der Küche leben, denn Tier und Mensch teilen sich das (Fr)essen. Wieder zurück beim Auto -
eine Horde kleiner neugieriger Kinder hat uns bis hierher verfolgt - will Ingrid den Kindern einige Zuckert verteilen, wir haben kleine Ostereierzuckerl mitgebracht. Als Ingrid mit
der Verteilung beginnt, stürzen auch die Frauen zum Auto. Ingrid gibt auch den Erwachsenen, lustig ist, als eine der Frauen unseren Guide fragt. Wozu denn diese bunten Dinger
seien, etwa zum Essen? Uns scheint, Olfied wird immer aufgeregter. Er hat, obwohl er schon sechs Jahre in Wamena lebt, erst vier solcher Verbrennungszeremonien gesehen,
erzählt er uns. Jetzt sind wir auf den Weg in das Dorf, wo das Begräbnis stattfindet. Gut ausgestattet mit Zigaretten, Kugelschreibern und auch Rupies überklettern wir den Zaun.
Uns ist alles andere als wohl. Es ist wieder dasselbe, Kinder und Erwachsene scharren sich um uns, wieder diese Berührungen unserer Haut, wieder das Staunen der Leute. Wir
setzen uns auf die Erde, Olfied stellt uns vor. Plötzlich sitzen alle um uns, Wir palavern mit, obwohl wir gar nicht wissen. um was es eigentlich geht. Die Kinder und Frauen rücken
uns immer näher, interessant ist, ihnen beim Läuse und Flöhe suchen zuzusehen. Wir haben gewusst, dass Affen die Läuse fressen, aber den Leuten hier scheinen sie auch zu
schmecken. Mmmhhh. Ich frage Ingrid, ob Läuse von einem Kopf zum anderen springen können, sie glaubt nicht. Warum juckt es mich dann am ganzen Körper? Wir sehen aber
auch noch. wie eine Nase aussieht, die noch nie im Leben geputzt wurde, wir können den Anblick aus nächster Nähe betrachten. Auch wie die Penisköcher (Kotego oder Holim)
befestigt sind, kapieren wir jetzt. Besonders Ingrid interessiert dieser Anblick. Wir sitzen nun schon eineinhalb Stunden. Auf großen Steinhaufen wird das "Essen" zubereitet,
sonst geschieht nichts. Wir erfahren, dass die Verstorbene erst 12 Jahre alt war. Die Eltern wollten das Kind nicht in die „Klinik" geben. Jeder vertraut hier seiner eigenen Medizin
mehr als den Ärzten. Als die Eltern dann merkten, dass dem Kind nicht mehr zu helfen ist, versuchten sie es doch mit einem Arzt, aber da war es dann zu spät und so ist das Kind
eben gestorben. Bei so einem Begräbnis wird auch gesammelt. Ein Angehöriger, der des Schreibens mächtig ist, hat ein Buch, jeder spendet einen Geldbetrag und wird in das
Buch eingetragen. so auch wir geben 20.000 Rupies, was hier eine enorme Summe darstellt. Als „Dank”` bietet man uns an, den Leichnam, der im Elternhaus liegt, zu
fotografieren. Wir lehnen dankend ah. Dann beginnt das große Essen. Die Menschen und die Schweine schmatzen, dass es eine Freude ist. Auch uns wird angeboten, zuzugreifen.
Wir nehmen uns einen Maiskolben, den wir uns in einem unbeobachteten Moment mit einem Schwein teilen. Auf die gedünsteten Blätter der Süßkartoffeln verzichten wir. Nach
der Fütterung hält ein (protestantischer) Pastor eine flammende Predigt, obwohl wir nichts verstehen, sind wir ergriffen. Der Leichnam wird aus der Hütte getragen, die engsten
Angehörigen nehmen unter lautem Klagen Abschied, die Frauen singen Lieder und schließlich wird das tote Kind auf den Holzstapel gelegt, mit Holz zugedeckt und angezündet.
In kurzer Zeit steht das Holz in Flammen. Wir sind wie gelähmt, wir können es nicht glauben, dass es Wirklichkeit ist, was wir sehen. Olfied hat sich unserer Kamera bemächtigt
und jede Menge Fotos geschossen, wie wir später sehen. Wir verlassen fluchtartig das Dorf. Erst langsam - im Auto - finden wir wieder zu uns selbst. Am Abend kreisen unsere
Gedanken immer wieder um das unglaubliche Erlebnis. Wir waschen uns heute besonders gut das Gesicht, das soll verhindern, dass man vom Tod träumt. Es scheint zu wirken,
wir schlafen unruhig, aber traumlos.
05.04.1994:
Irgendwo in der Nähe muss die Moschee sein, denn um 04,45 Uhr ertönt der Ruf des Muezzins. Auch das ist ein Zeichen der Umsiedlung der Völker. Der Islam hält auch im
christianisierten Neuguinea Einzug. Wir sind sofort hellwach und müssen wieder an gestern denken. Um 06.30 Uhr wird unaufgefordert, aber energisch an die Tür geklopft.
(=Wake-Up Klopfen) Nach dem Frühstück fahren wir zum Postamt in Wamena, wo wir Briefmarken erstehen und von einem freundlichen Postbeamten einen OT-Stempelabdruck
in den Reisepass bekommen. Danach wollen wir in der Bank 50 US$ Cash wechseln. Uns wird mitgeteilt, dass es dafür noch zu früh sei, die Kurse müssten erst in Jakarta erfragt
werden. Das klappt nicht, aber nach einer Stunde Verhandeln haben wir es geschafft, wir bekommen zwar nicht das Bargeld gewechselt, dafür aber einen Reisescheck. Jetzt sind
wir unterwegs zu einem Dani Dorf. Bereitwillig wird der Einstieg in das Dorf freigemacht und wir schauen uns das Dorf genau an. Wir können in das Küchenhaus hinein gehen.
Etwas nieder für unsere Größe, stellen wir fest. Es scheint sich herumzusprechen, dass wir hier sind, denn im Nu sind an die zwanzig Leute - Yali, der Chef mit seinen Frauen und
Kindern - in der niedrigen, verrauchten Hütte. Yali hat vier Frauen, ebenso viele Feuerstellen sind in der Hütte. Um diese Feuerstellen hocken wir also, ich filme, was das Zeug
hält, Olfied erklärt Ingrid an Hand eines lebenden Beispiels die Zeremonie des Abhackens der Fingerglieder. Diese Frau hat nur noch zwei Finger an jeder Hand. Als Ingrid dann
Zigaretten und Bonbons zu verteilen beginnt, stimmen die Leute ein Liedchen an. Nicht ganz die Wiener Sängerknaben, aber wir glauben. dass die Frauen und Kinder einfach
Freude an den Geschenken haben. Einige kleine Schweine, die den Platz natürlich ebenfalls in der Küche haben, werden uns stolz vorgeführt. Die Grußwörter Laok bzw. Nayak
kommen uns mittlerweile schon ganz locker über die Lippen. Nachdem wir die Hütte verlassen haben, schauen wir uns eine 150 Jahre alte Mumie an, die der ganze Stolz des
Dorfes ist. Die Mumie wird in einem Schrank im Herrenhaus aufbewahrt. Wir können auch in das Herrenhaus. das zwar klein ist, aber relativ sauber, das Heu wird wöchentlich
gewechselt. Wir erstehen dann drei Penisköcher als Andenken. Jeder schwatzt mit jedem, das Schöne ist, dass man zwar kein Wort versteht, aber trotzdem weiß, was der Andere
meint. Die Zigaretten schmecken, die Kinder wissen mittlerweile auch, dass das Papier von den Süßigkeiten nicht zum Essen ist. Wir verlassen den gastlichen Ort in Richtung
Salzminen in Jiwika. Yali. der Boss begleitet uns im Wagen, er nimmt Platz im Laderaum des Toyota, man sieht von ihm nur das Gesicht und die roten Zähne. Gestern hatten wir
wahrscheinlich noch Angst gehabt, heute ist alles schon ein wenig anders. Der Anstieg zu den „Saltmines" ist sehr beschwerlich. Yali begleitet uns hinauf, Ingrid hat einen kleinen
Galan namens Stephan gefunden, der ihr immer helfen will, sie beim Berggehen aber eher behindert als behilflich ist. So kommt es, dass Ingrid stundenlang mit einem
Eingeborenen Hand in Hand geht. Sie hat mir versichert. dass es kein Vergnügen war. Die Sonne brennt heute ohne Erbarmen auf uns herunter. der Schweiß fließt in Strömen. Wir
machen einmal eine Pause, begegnen dann und wann Einheimischen. die salzgetränkte Blatter talwärts tragen und bewundern trotz der Anstrengung die Gegend, die uns irgendwie
an zuhause auf der Alm erinnert. Auch zwei Frauen haben sich uns angeschlossen und so ist unsere Gruppe auf acht bis zehn Leute angewachsen. Die Einheimischen gehen den
steinigen, teilweise glitschigen Weg übrigens barfuß und behende, wir quälen uns eher schwerfällig hinauf. Immer wieder will Yali Ingrid mit seiner Hand Kraft geben, von
Stephan wird der Puls mit Blättern gekühlt. die er auf ihren Unterarm legt. Wir erreichen nach eineinhalb Stunden die 2.100 Meter hoch gelegenen Salzminen. Wir sehen einen
zweimal zwei Meter großen Tümpel, der vor Dreck steht. Olfied erklärt uns, dass das Wasser sehr salzhaltig ist. Die Rinde vom Zuckerrohr wird geschält, in das Wasser geworfen
und ungefähr eine Stunde „gebadet”. Dann werden die Blätter wieder in das Tal zu den Dörfern gebracht, getrocknet und verbrannt. Die Asche wird schließlich als Salz verwendet.
Eine mühsame, aber billige Art, um an das teure Salz zu kommen. Wir probieren das Zuckerrohr zu kauen, es ist sehr wasserhaltig, nicht ganz so gut wie Stieglbier. aber es
erfrischt. Dann machen Wir uns auf den Weg in das Tal. Wir sind froh und geschafft, als wir unser Auto wieder sehen. Die Sonne hat Spuren auf unseren Nasen und Armen
hinterlassen, trotzdem genießen wir noch einmal das wunderbare Bergpanorama vor uns. Die Einheimischen verabschieden sich von uns. das Bild der stolz durch die Steppe
dahinschreitenden Frauen wird uns immer in Erinnerung bleiben. Auf dem Weg zu unserem Hotel besichtigen wir noch einmal ein Dorf mit einer noch älteren, angeblich 250 Jahre
alten „Mummy". Das Mittagessen im Baliem Palace Hotel, der Name ist immer wieder zum Schmunzeln - schmeckt wunderbar, es gibt Suppe, Mee goreng und wieder diese
köstlichen Flusskrabben. Ingrid und ich sind uns einig - dieses Hotel, so einfach es auch ist, auch der Mann, der uns bedient, dürfte die Kleider und Schuhe, die er trägt, noch nicht
lange kennen, gefällt uns mittlerweile ganz gut. Auch die Ratten. die sich mit einer (oder mehreren) Katzen über unseren Köpfen auf dem Dach Duelle liefern, stören uns nicht
mehr. Gegen 15,00 Uhr holt uns unser Chauffeur mit Olfied wieder ab. Wir fahren Richtung Westen nach Napua. Von hier, oberhalb der Waldgrenze, hat man eine grandiose
Aussicht über das Baliem Tal, das 70 km lang und 35 km breit ist. Es ist ein traumhaft schönes, grünes Land. Wir machen Rast in klarer Gebirgsluft, Kinder kommen und schauen
neugierig, auch das sind wir schon gewohnt, Bäume werden gefällt und mit der Hand zu Brettern verarbeitet. Bauern brennen den Wald einfach ab, um den Boden bestellen zu
können. Kann man es diesen Leuten verübeln, aus ihrem Regenwald Profit zu machen? Wir in Europa machen doch dasselbe, nur in großem Umfang, man denke nur an die
Unmenge von Schiliften. Auf dem Rückweg durchfährt uns ein eisiger Schreck, als unser Fahrer fast ein Kind überfährt, Gott sei Dank hat er richtig reagiert und nichts ist passiert.
Eine Verletzung oder gar der Tod des Kindes halte unweigerlich zur Verhaftung unseres Fahrers geführt, erklärt uns Olfied. der auch ganz bleich geworden ist. Zum Abschluss des
Tages schlendern wir noch einmal durch den Central Market von Wamena und erstehen so manches Souvenir. Am Abend fallen wir todmüde ins Bett, die Dusche entfällt wieder,
weil statt Wasser nur heiße Luft aus der Leitung kommt. Obwohl wir fix und fertig sind, können wir nicht einschlafen, wir denken an die Geschichtchen, die uns Olfied während
der letzten Tage erzählt hat. Vielleicht sind einige auch seiner Phantasie entsprungen, was soll es. Einige Beispiele: Angehörige anderer Stämme gehen bis zu sieben Tage, bis sie
den Markt hier erreichen. Sie tauschen Tabak gegen Lebensmittel und gehen dann eben weder sieben Tage zurück. Viele Bauern, die den Boden bestellen, werden vom
Landeigentümer hier nur geduldet, beansprucht er selbst das Land, muss der Bauer eben weiterziehen. Sie lassen dann alles zurück, was sie geschaffen haben. Die
Lebenserwartung beträgt in diesen Breiten bei den Männern 55 Jahre, bei den Frauen, die ja den Großteil der Arbeit verrichten., gar nur 50 Jahre. Wir sahen Leute, die aussahen
wie 90, in Wirklichkeit aber erst 45 waren. Lustig auch die Geschichte, als eine ganze Dorfgemeinschaft voller Staunen einigen bunten, davonschwebenden Luftballons nachlief,
immer fasziniert in den Himmel starrte. bis alle schließlich im Fluss lagen. Endlich fallen uns doch die Augen zu und wieder schlafen wir tief und traumlos.
06.04.1994:
Um halb acht Uhr machen wir uns auf den Weg zum Flugfeld. Die Maschine aus Jayapura sollte eigentlich schon hier sein, aber leider ist keine Spur von ihr zu sehen. Nach
eineinhalb Stunden erfährt Olfied, dass die Maschine noch in Jayapura steht und auf einen Ersatzteil gewartet wird. Wir nehmen unseren Rucksack und gehen gegenüber in ein
Resthouse, das im holländischen Kolonialstil errichtet ist. Wir trinken einen Kaffee und harren der Dinge. Danach gehen wir wieder zum Flugfeld. Plötzlich stürmt Olfied in die
Wartehalle und schnappt sich unser Gepäck. ”Kommt mit, ich habe umgebucht.” Wir fahren mit dem Auto 100 Meter weiter, wo ein weiteres Gebäude am Flugfeld ist. Hier
werden gerade Orchideen verladen. Wir sehen ein Flugzeug, das schon viele Jahre auf den Buckel hat. Olfied deutet genau auf diesen Rübenbomber und meint: ”Einsteigen, Ihr
startet gleich“. Schnell wird eine Holzkiste herbeigeschafft, wir benutzen diese als Gangway und klettern in das Flugzeug. Ingrid, die vor mir das Flugzeug betritt, stößt einen Ruf
des Erstaunens aus. Ich frage sie, ob denn das Flugzeug so voll ist, nein, außer sechs Mitreisenden ist es leer. Es ist ein Cargo Flugzeug, mit dem eigentlich nur Frachtstücke
befördert werden. Rostig, klapprig und mit Holzboden, der `”Flugbegleiter°` dämpft noch schnell seine Zigarette am Boden aus und los geht`s. Uns ist wieder etwas mulmig
zumute, aber es geht alles gut und wir landen sicher am Sentani-Airport Jayapura. Hier sollen wir wieder abgeholt werden Von Herman und unserem Super Reiseieiter Mr. Harry.
Aber wo sind sie? Dieser Flughafen scheint uns nicht zu liegen, denn wieder stehen wir alleine unter den einheimischen Taxifahrern, die uns irgendetwas erzählen möchten, die
wir aber - wie gehabt - natürlich nicht verstehen. Was sollen wir tun? Wir haben ja schon etwas Routine im Suchen. Wir probieren zu telefonieren, die Einheimischen sind sehr
hilfreich und freundlich, versuchen uns auch Ratschläge zu geben. Was soll´s, wir setzen uns erst einmal auf den Boden und warten. Wir lernen schon ein wenig die Gelassenheit
und Ruhe der Asiaten, was ist schon eine oder zwei Stunden Wartezeit? Und siehe da, die beiden Herren kommen nach zwei Stunden daher geschlendert und sind total überrascht.
dass wir schon hier sind. Dass wir mit der Frachtmaschine kommen würden, konnten sie natürlich nicht Wissen, argumentieren sie. Sie entschuldigen sich, man merkt, dass es
ihnen peinlich ist, uns wieder versetzt zu haben. Schwamm drüber, wir fahren im airconditioned Toyota nach Jayapura. Unterwegs besuchen wir noch ein Museum, das Interesse
unsererseits hält sich in Grenzen. Wir sehen dann zum ersten Ma] den Pazifischen Ozean und kommen gegen 13,00 Uhr in unser wohlbekanntes Hotel Matoa. Nach dem
Mittagessen erkunden wir auf eigene Faust die Stadt, aber uns gefällt sie einfach nicht besonders. Nach dem Abendessen sind wir schon um 08,00 im Bett. Wir genießen das
Saubersein nach den vergangenen Tagen.
07.04.1994:
Heute haben wir uns auf einen Indonesien Rundflug eingestellt. Wir verlassen unseren Flughafen Sentani, steuern Timika im Süden Neuguineas an, fliegen weiter gegen Norden
nach Biak, landen nach einigen Warteschleifen (Speibsackerl, Kaugummi) in Ambon auf den Molukken. Der nächste Flughafen. auf dem wir landen, ist der von Ujung Pandang
auf Sulawesi, dort erwartet uns ein Angestellter von Limbunan Tours. der uns Unterlagen für künftige Indonesien Urlaube mitgibt (das hat Olfield per Telefon von Wamena aus
arrangiert). Nach einer weiteren Stunde Flugzeit erreichen wir Bali, überflüssig zu erwähnen, dass wieder kein Chauffeur am Flughafen ist. Wir lösen uns ein Taxi Ticket und
fahren bequem zu unserem Hotel Niksoma. Die l0.000 Rp. bekommen wir nach langem Feilschen am Abreisetag zurückerstattet. Als wir unsere Pässe im Hoteltresor verstauen,
bemerke ich, dass ein 100 US$ Reisescheck fehlt. Wir reklamieren, aber es hilft nichts, wir sind uns dann auch nicht mehr sicher, vielleicht habe ich den Travellerscheck doch in
Salzburg beim Packen herausgestreut. Wir unternehmen nichts, bevor wir mit unserem Reiseleiter Dr. Köhler gesprochen haben. Übrigens, der Scheck wurde tatsächlich aus dem
Safe gestohlen. stellen wir später zuhause fest, wir bekamen ihn von American Express anstandslos ersetzt.